„Gedenkgang und Friedensgebet“ der Oberzent-Schule am 12.11.2021

„Gedenkgang und Friedensgebet“ der Oberzent-Schule am 12.11.2021

In den Wochen um den Jahrestag der Reichspogromnacht thematisiert die Oberzent-Schule in Beerfelden verstärkt die Deportation und Ermordung der Juden der Stadt. Entsprechend vorbereitet, machten sich Jugendliche aus der sechsten und zehnten Klasse nun auf, um die Stolpersteine zu reinigen. Lehrer wie Schüler legen Wert darauf, dieser Aufgabe auch unter Corona-Bedingungen nachzukommen. Initiatoren dieser jährlich wiederkehrenden Geste waren die Religions- und Ethiklehrer Frau Domack, Frau Simo, Herr Suna, Herr Hemberger und Herr Siefert.

Alle Schüler erhielten beim Gedenkgang eine Zusammenstellung von Zitaten, den Flyer zu Joseph Salomon, dem ersten KZ-Todesopfer im Erbacher Landkreis, und einen Flyer zu den Stolpersteinen. Es gehe nicht darum, mit erhobenem Zeigefinger zu mahnen, sondern um die Erinnerung aufrecht zu erhalten "und uns unserer Verantwortung bewusst zu werden und zu stellen".

Bereits 2009 wurde auf Antrag einer Religionsklasse der Oberzent-Schule eine Gedenktafel an der ehemaligen Synagoge in Beerfelden angebracht. Stolpersteine für die letzten 1942 aus Beerfelden deportierten Juden wurden 2012 mit Gunter Demnig verlegt - und 2016 einer für Herbert Creutzburg.

"Jeder Mensch ist von Gott geschaffen", hob Pfarrer Roland Bahre in der Martinskirche hervor. "Du bist gut, so wie du bist", betonte er. Jeder Mensch ist aufgefordert, diese Erkenntnis in die Welt zu tragen. Gabriele Maurer von der katholischen Kirchengemeinde sprach gemeinsam mit den Lernenden ein Friedensgebet und zündete Kerzen an.

Zwei Schülerinnen der zehnten Klasse, Matilda Qafa und Olivia Moldovan, erzählten: "Es war ein schönes Erlebnis, die ehemalige Synagoge, die katholische sowie die evangelische Kirche gemeinsam zu besuchen." Ein Gemeinschaftsgefühl war beim Friedensgebet zu spüren, sagten sie. Max Heilmann kam zu Wort, der Urenkel von Georg Wilhelm Heilmann aus Hetzbach. "Auch damals gab es Widerstand im Odenwald", berichtete dieser. Der Urgroßvater, ein Steinbruchbesitzer, hatte den Auftrag zur Sprengung der Synagoge in Beerfelden am 9. November 1938 erhalten, weigerte sich aber, dies zu tun.

Georg Wilhelm Heilmann wurde daraufhin für mehrere Monate in Schutzhaft genommen. Der 1904 geborene Heilmann wurde außerdem schon im September 1939 zum Kriegsdienst eingezogen, was für sein Alter ungewöhnlich war. "In einer Zeit, in der Mord und Folter an der Tagesordnung waren, ist es mutig gewesen, dass man sich dagegen stellt", betonte der Urenkel.

Bürgermeister Christian Kehrer beleuchtete beim Gedenkrundgang die Geschichte der jüdischen Gemeinde in Beerfelden bis 1940/42. Er dankte der Oberzent-Schule, sich jedes Jahr um die Stolpersteine zu kümmern und das Gedenken zu pflegen.

 

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